Dessau 1989/90

Vor hundert Jahren kam das Bauhaus nach Dessau. Seitdem überstanden Walter Gropius‘ Bauhausgebäude, seine Meisterhäuser und die Siedlung Törten Diktaturen und Revolutionen. Im Umbruchjahr 1989/90 besuchte Joachim Brohm die Stadt und fotografierte die Ikonen der Moderne. Textlich begleitet von Regina Bittner, dokumentieren seine Bilder einen fragilen Moment zwischen bewegter Geschichte und ungewisser Zukunft.

Rauchpause

Eine Sitzgruppe aus DDR-Adaptionen des Freischwingers S 32 von Marcel Breuer im Treppenhaus des Nordflügels erlaubt den Blick auf die Brücke im ersten Obergeschoss des Bauhausgebäudes von Walter Gropius. Das Zentrum der Szene markiert ein Kugelaschenbecher, ein Modell, dass in vielen öffentlichen Gebäuden der DDR anzutreffen war. Zwischen Direktorenzimmer und Sekretariat sind Bilder gehängt. Was für ein institutioneller Alltag ist hier im Bild festgehalten? Das «Zentrum für Gestaltung Bauhaus Dessau», eine vom Ministerium für Bauwesen und dem Kulturministerium der DDR seit 1986 getragene Einrichtung, war im Umbruch, nicht nur in Hinblick auf seine Trägerschaft.

Dabei fanden hier Seminare Workshops, Konferenzen statt, die sich kritisch mit dem DDR-Wohnungs- und Städtebau und den industriell geprägten Landschaften in der Region auseinandersetzten. Im November 1989 in den turbulenten Tagen der friedlichen Revolution hatte das internationale Walter Gropius Seminar im Bauhaus Fachleute aus Ost und West zusammengebracht. In den Werkstatträumen wurde entworfen, präsentiert und diskutiert, die Pausen verbrachte man zum Rauchen im Treppenhaus.

Die temporäre Galerie auf der Brücke verweist auf kulturelle Aktivitäten des «Zentrums für Gestaltung». Bereits seit 1976 gab es Ausstellungen zur Geschichte des Bauhauses, ergänzt durch zeitgenössische Positionen, multimediale systemkritische Experimente auf der Bühne riefen mehrfach die Staatssicherheit (Stasi) auf den Plan. Im Schutz des nun auch in der DDR anerkannten Erbes konnte sich eine hybride Institution entfalten, die weder Museum noch Kulturhaus noch Architektur- und Designschule war, worin aber genau auch deren eigentliche Qualität lag. Möglicherweise stritten in den Rauchpausen 1989/90 die verschiedenen Interessengruppen, Planerinnen, Kunsthistoriker, Kulturproduzierende, Designerinnen und Architekten darüber, wie in diesem besonderen historischen Moment an die Legacy des Bauhauses anzuknüpfen wäre.

1 Holger Brülls, «Restaurieren, nicht Räsonieren!», in: Walter Prigge (Hg.), Ikone der Moderne. Das Bauhausgebäude in Dessau, Berlin 2006, S. 57.

2 Vgl. Regina Bittner, Bauhausstadt. Identitätssuche auf den Spuren der Moderne, Frankfurt am Main 2010, S.211.

Backstage

Der Treppenturm des Werkstattflügels mit Vordach vor dem Nebeneingang gehört zu den meistfotografierten Situationen des Bauhausgebäudes. Im Zentrum der Bildregie stand weniger die architektonisch etwas unglücklich gelöste Situation, sondern der von Herbert Bayer entworfene senkrecht herabfallende Schriftzug Bauhaus. In der Universaltype – einer verwandelten Form der Grotesk und in Versalien – markierte Bayer einen Bruch mit der am Bauhaus so üblichen Kleinschreibung. Die Buchstaben sind auf dünne Drahtstäbe fixiert und lassen so den Eindruck des vor der Wand Schwebens entstehen.

Die diese Textfläche dokumentierenden Fotos sind oft in der Nachmittagssonne aufgenommen, um so die Projektionen auf der Wand einzufangen. Bereits 1933 mit der Übernahme des Gebäudes u.a. durch eine Kaderschmiede der NSDAP wurde der Schriftzug entfernt und gilt seitdem als verschollen. Die Rekonstruktion des Bauhausgebäudes 1976 stellte auch diese für das Gebäude so zentrale Situation wieder her. Schon 1964 hatte die DDR das Bauhaus in die Liste denkmalwerter Bauwerke aufgenommen, eine Bauaufnahme durch die Hochschule für Architektur und Bauwesen in Weimar wurde initiiert, die die Grundlage für die Rekonstruktion des Hauses schaffen sollte.

Die Wiedereröffnung des Bauhausgebäudes als Wissenschaftlich-Kulturelles Zentrum am 4.12. 1976 zum 50. Jahrestag das Bauhausgebäude hatte einen steinigen Weg der sukzessiven Anerkennung und staatspolitischen Indienstnahme des Bauhauserbes in der DDR hinter sich. Im Vordergrund der Rekonstruktion 1976 stand dabei die Wiederherstellung des Bildes, das der Architekt selbst dank des massenmedialen Einsatzes des fotografischen Mediums – bei Nichtachtung der für die Aufnahmen verantwortlichen Fotografin Lucia Moholy – bereits in den 1920er Jahren verbreitet hatte. Später geriet dieses Verfahren auch in die Kritik der Denkmalpflege, zielte sie doch auch «auf die Tilgung aller gravierenden Veränderungen, die die Geschichte dem Gebäude beigebracht hatte».1

Zur Wiederherstellung der äusseren Gestalt gehörte auch der Schriftzug. Dass dieser in Feierabendtätigkeit von Schlossern des Braunkohlekraftwerks Vockerode gefertigt wurde, gehört zu den Episoden, in denen die schwierigen Umstände der Rekonstruktion des Bauhausgebäudes von 1976 vergegenwärtigt werden.2 Tatsächlich handelte es sich um eine der ersten umfassenden Sanierungen, die überhaupt an Bauten der Moderne vorgenommen wurden. Schliesslich rückten erst in den 1970er Jahren Baudenkmäler dieser jüngeren Epoche ins Bewusstsein der Denkmalpflege. Mehr als zehn Jahre danach präsentiert sich das Gebäude aus dieser Perspektive im Alltag seines Gebrauchs. Der Schriftzug schwebt über Verkehrsflächen und Anlieferbereichen, die am Hinterausgang vieler öffentlicher Einrichtungen zu finden sind.

3 Vgl. Andreas Schwarting, Die Siedlung Dessau -Törten. Rationalität als ästhetisches Programm, Dresden 2010, S.37.

Suburban?

Die Strassenansicht des Kleinrings in der von Walter Gropius entworfenen Siedlung Dessau Törten folgt einer leicht geschwungenen Wegeführung und erinnert entfernt an die «Drives» – die innere Erschliessungsstrassen – amerikanischer Vororte. Gleichwohl die Häuser sich in Putz und Fassadengestaltung inzwischen stark unterscheiden, der Strassenraum vermittelt noch etwas von dem seit 1927 errichteten zweiten Bauabschnitt mit einem auf die öffentliche Kritik am ersten Siedlungstyp reagierenden modifizierten Grundriss, sowohl im Raumprogramm als auch im Grundstückszuschnitt. Durch die Abfolge der vor- und zurückspringenden Baukörper hatte Walter Gropius eine Rhythmisierung des Strassenraums vorgenommen und zugleich eine innere Gruppierung der Häuser durch paarweise Spiegelung angeboten.

Die häuslichen Funktionsabläufe sollten sich in der Fassadengliederung abbilden. Törten war eine Versuchssiedlung und das in mehrfacher Hinsicht. So nimmt das städtebauliche Instrumentarium mit der spinnennetzförmigen Anordnung Anleihen bei Gestaltungsprinzipien der Gartenstadt, doch verweigert sich zugleich einer idyllischen Anmutung. Das bildete sich auch in den Strassennamen ab: Doppelreihe, Kleinring, Mittelring. Schliesslich galt der Plan der Baustelleneinrichtung mit Bahngleisen, Kiesgruben und Fertigungsflächen für die Zementsteine als Blaupause für den Bebauungsplan.3 Als «Hausbaufabrik» im Kleinen war Dessau Törten Teil der mit dem Reichsheimstättengesetz seit 1920 vorangetriebenen Förderung von Wohneigentum in der Weimarer Republik. Zugleich war die Siedlung Experimentierplatz für die Rationalisierung und Typisierung im Hausbau, die die Reichsforschungsgesellschaft für Wirtschaftlichkeit im Bau- und Wohnungswesen unterstützte. Der gesamte Bauprozess und die in der Siedlung verbauten Materialien unterlagen einem strengen Monitoring.

Solchermassen in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt, sollten die damals vielfach publizierten Fotografien Dessau-Törtens den Zusammenhang der Einzelbauten und Reihenhäusern zu einem einheitlichen geordneten Ganzen darstellen, und die Logiken der Rationalisierung quasi künstlerisch vermitteln. Trotz Jahrzehnten der Rotation der gesamten Raumorganisation der Siedlungshäuser und ihrer Fassaden erweist sich die städtebauliche Figur als erstaunlich robust. Neue Gliederungsvorschläge sind jedoch zu beobachten: So haben sich im Binnenraum der Doppelhäuser Verständigungen über Bepflanzung und Fassadengestaltung ausgebildet. Und die «Gaststätte Ring» deutet darauf hin, dass sich gegenüber dem einst zentral angelegten Zentrum der Siedlung im Konsum-Gebäude nun auch die Angebote für Waren und Begegnung diversifiziert haben – als Vorbote postsozialistischen Unternehmertums, dem das eigene Haus als Kapital einer Existenzgründung dient.

4 Vgl. Andreas Schwarting, Zeitschichten. Die Siedlung als Palimpsest. I.; Reinhard Matz, Das Verschwinden der Revolution in der Renovierung. Die Geschichte der Gropiussiedlung Dessau-Törten, Berlin 2011, S.60.

Unter Strom

Aus der Reihe sind die Siedlungshäuser Typ SieTö II entlang der Damaschkestrasse in Dessau Törten schon kurz nach ihrer Fertigstellung 1927 getreten. Jahrzehnte der Veränderungen, die sich aus den Nutzungsvorstellungen und Komfortansprüche seiner Bewohnerinnen und Bewohner ergaben, haben ihre Spuren an den Häusern hinterlassen. Dabei erwiesen sich die Tragstruktur und der Grundriss als erstaunlich flexibel.

1989/90 hält einen besonderen Moment des Umbaugeschehens fest; noch sind Baumärkte mit ihrem überbordenden Angebot an Eingangstüren, Dämmstoffen, Fenstern, Zäunen und Kleinplastiken nicht geöffnet. Die Häuser haben sich vereinzelt, sich um sich selbst gekümmert, und wurden mit dem, was vorhanden war, repariert. Auch die Vorgärten verweigern sich der kollektiven Anordnung aber respektieren die Kontaktzone zwischen Fussweg und Zaun.

Was hinter den Fassaden im Inneren der Häuser an Baugeschehen stattfand, folgte vor allem dem Drang nach mehr Wohnfläche, der sich in die Gärten ausdehnte.4 Die Damaschkestrasse bildete den ersten der konzentrisch angeordneten Ringe der Siedlung, in dessen Zentrum ein Hochspannungsmast steht. Hier war der Mast Symbol für die Integration der Gartenstadt in die Infrastrukturnetzwerke der Mitteldeutschen Industrieregion, deren scheinbar saubere Elektrizität mit den dafür aufgerissenen Landschaften der Region kaum in Verbindung gebracht wurde.

Der Antennenwald auf den Flachdächern gegenüber bringt die Siedlung nicht nur in Kontakt mit dem medialen Raum der Television, der eine Kette von Assoziationen über den Zeitpunkt der Aufnahmen auslöst. Hatte nicht auch das abendliche West-Fernsehen in den Wohnzimmern der Siedlung an der allmählichen Erosion des Eisernen Vorhangs Anteil? Die Antennen als Symbol erweiterter Raumbeziehungen, in die die Siedlung eingebunden ist. Sie scheinen die Position des Elektrizitätsmastes zu übernehmen und zugleich die im kollektiven Gedächtnis verankerten Fotografien zu kommentieren, die Dessau-Törtens Modernität jahrzehntelang transportierten. So sind die rostigen Stützen des Elektromastes in der Damaschkestrasse 1989/90 als Vorboten eines neuen Zeitalters nun an den Rand des Geschehens getreten. 

5 Vgl. Philipp Oswalt, «Auf der Suche nach Authentizität. Oder wer ist der Autor der Rekonstruktion?», in: Stiftung Bauhaus Dessau (Hg.), Neue Meisterhäuser in Dessau, 1925-2014. Debatten, Positionen, Kontexte. Edition Bauhaus 46, Leipzig 2017, S. 313.

Aus dem Halbschatten

Fast zugewachsen scheint der Weg zur ersten Doppelhaushälfte der Meisterhäuser von Walter Gropius in der Ebertallee. Die üppige Vegetation hat sich bis an die Aussenmauern des Hauses ausgebreitet, den Kiefernwald haben längst andere Gehölze und Stauden bereichert. Die kleine Fensteröffnung in der sichtbaren Fassade war im Zuge der Einrichtung einer Poliklinik 1950 eingebaut worden – davor hatte der dort praktizierende Arzt die grossflächige Atelierverglasung noch beibehalten. Haus Feininger war 1945 vom Bombenhagel verschont geblieben, sein Nachbar war ebenso wie das Direktorenhaus zerstört worden. Der teilweise erhaltene Keller wurde verfüllt. Die Zufahrten entsprechen einem für die Öffentlichkeit zugänglichen Gebäude. Keine Waldwege und Trampelpfade, sondern eine asphaltierte Zufahrt, Hecken, gepflanzt, um die einzelnen Bereiche des Grundstücks zu markieren. Während an den anderen Doppelhäusern Willkür in der Nutzung des Aussenraumes herrscht – als Parkplatz, Mülltonnenabstellfläche und für Fahrradständer – scheint hier eine gewisse Ordnung zu herrschen. Folgt diese dem Bemühen, dem Haus nun als Solitär zu seinem Recht zu verhelfen?

Tatsächlich griffen die beiden Haushälften in allen Geschossen so ineinander, dass eine zusätzliche Wand in den 1950er Jahren errichtet wurde, um das Haus nun von seinem Nachbarn abzuschliessen. Ist es der Phantomsituation zuzuschreiben, dass Haus Feininger als erstes instandgesetzt und saniert wurde und gerade hier eine Rekonstruktionsidee zum Tragen kam, die der visuellen Erscheinung des Bauwerks möglichst exakt folgte? Das bedeutete unter anderem auch, Zeitspuren, die von Abnutzung, Verfall oder Umbauten zeugen, aber nicht der visuellen Authentizität entsprachen, im Prozess der Sanierung zu tilgen. Bereits 1993 begann die Restaurierung des Haus Feininger, dessen Wiederherstellung vorrangig dem künstlerischen Gedanken des Erbauers und deren fotografischer Überlieferung verpflichtet war.5

Zugleich bildete dieses Haus den Auftakt für die folgenden Sanierungen der Doppelhäuser bis zur Komplettierung des Ensembles 2014. Mag es dem UNESCO Status der Siedlung geschuldet sein, dass sich gerade hier eine breite öffentliche Kontroverse zu Fragen des zeitgemässen Umgangs mit Denkmälern der klassischen Moderne entzündete? Dass die Siedlung schliesslich auch zu einem Experimentierfeld unterschiedlicher Rekonstruktionsansätze wurde, die die materialen Zeitspuren der Gebäude im Laufe ihrer Nutzungen ebenso respektiert wie ein mögliches Weiterschreiben in die Gegenwart und Geschichte als offenen unabgeschlossenen Prozess begreift? Zu diesem Umdenken könnte auch die vorliegende Momentaufnahme von 1989/90 einen Beitrag geleistet haben.

6 Vgl. Monika Markgraf, «Nutzungs- und Baugeschichte 1932-2010», in: Stiftung Bauhaus Dessau (Hg.), Neue Meisterhäuser in Dessau, 1925-2014. Debatten, Positionen, Kontexte. Edition Bauhaus 46, Leipzig 2017, S.137 ff.

Moderner Palimpsest

Von den grauen Fassaden bröckelt der Putz, Feuchtigkeit hat die Fundamente angegriffen, Schornsteine, Fenster und Eingangstüren zeugen von baulichen Veränderungen im Zuge jeweiliger Nutzungen. Wie kaum ein anderes ikonisches Ensemble sind die Dessauer Meisterhäuser 1989/90 ein eindrückliches Dokument der Kontroversen um Wertschätzung der Architektur der klassischen Moderne. Eingefangen sind sie im Status des Verfalls, dessen Anblick wohl deshalb so verstörend ist, weil er dem Symbolwert der Zeitlosigkeit widerspricht. Schliesslich dürfen diese Bauten nicht altern: Ihre strahlend weissen Baukörper und glatten Fassaden, vielfach medial verbreitet haben dazu beigetragen, dass Spuren der Zeit als unschön, schmutzig und verwahrlost wahrgenommen werden.

Zum Zeitpunkt der Aufnahme befinden sich die Häuser in der Ebertallee, errichtet wurden sie in der Burgkühnauer Allee, nach 1930 in Stresemannallee umbenannt. Ab 1933 als Hindenburgallee bezeichnet, spiegeln die wechselnden Strassennamen auch die jeweils herrschenden politischen Richtungen. Bald nachdem die Bauhäuslerinnen und Bauhäusler die Meisterhäuser verlassen mussten, übernahmen die Junkers Flugzeug- und Motorenwerke die Häuser, ein Unternehmen, das massgeblich an der Luftrüstung der deutschen Wehrmacht beteiligt war. Bauliche Veränderungen sowohl in der Raumorganisation als auch der Fensteranordnung folgten unmittelbar. Bis Ende der 1930er Jahre erwarben die Junkers Werke neben dem Direktorenhaus auch die Doppelhäuser von Walter Gropius von der Stadt Dessau als Wohnhäuser für deren Mitarbeiter.

Der Kauf war mit der Auflage verbunden «die wesensfremde Bauart» aus dem Stadtbild zu entfernen. Atelierverglasungen und die Fensterbänder der Treppenhäuser wurden durch kleine Holzfenster ersetzt. Nach 1945 wurden die unzerstörten Doppelhäuser als Wohnhäuser, die sich nun im Besitz der Stadt befanden, genutzt.6 Der raue Zementputz und die erneuerten Fenster entsprachen dem Reservoir an Baumaterialien, der in der DDR-Bauwirtschaft zur Anwendung kam. 1970 wurden auch die Meisterhäuser als Denkmale anerkannt, zu einem Zeitpunkt, in dem die Denkmalpflege international erst um Positionen im Umgang mit dieser jungen Denkmalgattung rang.

Deren Diskreditierung im Nationalsozialismus sowie in den Nachkriegsjahrzehnten prägte auch Haltungen der Wiedergutmachung gegenüber diesem baulichen Erbe. Das galt umso mehr für die Stimmungslage in Dessau nach 1989. Die Fotografien dokumentieren diese Bauten als Wohnbauten, alt geworden und ausgesetzt den Unbilden von Witterung und alltäglicher Nutzung. Sie erzählen diese modernen Ikonen nicht aus der Perspektive einer Verfalls- und Verlustgeschichte, sondern plädieren für eine Denkmal-Erzählung, die sich weniger für den statischen Artefakt des finalen Gebäudes und die Intentionen des Architekten interessiert, sondern Architektur als materiellen Prozess kontinuierlicher Aktualisierung und Veränderung versteht. 




Direkt nach der politischen Wende 1989/90 besuchte Joachim Brohm Dessau. Aus persönlichem Interesse nahm er sich einen Tag Zeit, die architektonischen Zeugnisse der Bauhaus-Periode zu fotografieren. Vor einigen Jahren wurde das Bildmaterial neu gesichtet, c-prints angefertigt und in Brohms Ausstellung "Dessau Files" in der Galerie Beck und Eggeling International Fine Art in Wien gezeigt, anlässlich des Festivals Foto Wien. Daidalos dankt herzlich, dass die Bilder hier gezeigt werden dürfen.

Alle Bilder: © Joachim Brohm/VG Bild-Kunst/Pro Litteris 2025.

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